Hintergründe
Klassiker & Exoten der Klassik

Zum Kennenlernen und Wiederentdecken

Komponistenbilder
© Gestaltanstalt

Zum Kennenlernen und Wiederentdecken: drei gern gehörte Repertoireklassiker und drei allzu selten zu hörende Exoten, die in dieser Saison das PRO Musica-Programm in allen Klangfarben schillern lassen.

Johannes Brahms

Sinfonie Nr. 1

Wohl kaum ein Werk ist in der Geschichte der Klassik so sehr herbeigesehnt worden wie die erste Sinfonie von Johannes Brahms. Doch ihre Vollendung ließ auf sich warten: Der ohnehin selbstkritische Komponist fühlte sich gewaltig unter Druck bei seiner Annäherung an die Gattung – insbesondere seit sein Mentor Robert Schumann ihn 1853 im Alter von gerade einmal 20 Jahren als legitimen Nachfolger des Sinfonie-Gottes Beethoven proklamiert hatte. In dieser Situation verwundert es nicht, dass Brahms alle frühen sinfonischen Entwürfe heftig anzweifelte und nicht wenige davon kurzerhand verbrannte. So vergingen beinahe 20 Jahre von den ersten Skizzen bis zur Uraufführung seiner ersten Sinfonie im Jahr 1876. Das Ergebnis dieses langen Prozesses allerdings kann sich hören lassen! Hans von Bülow bezeichnete das Werk als „10. Sinfonie“ Beethovens – ein Ritterschlag für den frisch gebackenen Sinfoniker Brahms, der seinem eindrucksvollen Erstling noch drei weitere Gattungsbeiträge folgen ließ. 

Februar 2025
Samstag, 01. Februar 2025 | 19:30 Uhr | HCC, Kuppelsaal
Royal Philharmonic Orchestra

Vasily Petrenko | Julia Fischer

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Felix Mendelssohn

Violinkonzert

Der Anfang seines geplanten Violinkonzerts lasse ihm keine Ruhe, ließ Felix Mendelssohn Ferdinand David 1838 wissen. Und tatsächlich: Das e-Moll-Konzert, das auf eine Orchestereinleitung verzichtet und sich direkt mitten ins (solistische) Geschehen stürzt, verströmt vom ersten Takt an eine ruhelose Energie. Schon längst hatte Mendelssohn seinem Jugendfreund ein Solokonzert komponieren wollen, nun schien die Musik förmlich aus ihm heraus zu drängen. Dennoch sollte es – dem vollen Terminkalender des vielbeschäftigten Gewandhauskapellmeisters geschuldet – noch sechs Jahre dauern, bis Ferdinand David „sein“ Konzert Anfang 1845 aus der Taufe heben durfte. Aber das Warten hatte sich gelohnt: Schon bei der Uraufführung erntete das Werk begeisterte Ovationen; bis heute zählt es zu den beliebtesten und bedeutendsten seiner Art.

Mai 2025
Freitag, 16. Mai 2025 | 19:30 Uhr | NDR Konzerthaus, Großer Sendesaal
Christian Tetzlaff

Kammerakademie Potsdam | Antonello Manacorda

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Johann Nepomuk Hummel

Trompetenkonzert

Klassiker oder Exot? Das ist bei Johann Nepomuk Hummels Trompetenkonzert gar nicht so ganz einfach zu beantworten: Geht man davon aus, dass Trompetenkonzerte im Konzertrepertoire generell eher exotisch sind, könnte man sagen, dass wir es hier mit einem echten Klassiker unter den Exoten zu tun haben. Für Trompeter:innen ist es jedenfalls ein Paradestück! Ebenso wie das Konzert von Joseph Haydn wurde es für den Wiener Hoftrompeter Anton Weidinger komponiert. Jenem exzellenten Virtuosen war es Ende des 18. Jahrhunderts nämlich gelungen, gemeinsam mit einem zeitgenössischen Instrumentenbauer die erste Klappentrompete zu entwickeln. Dank dieser Weiterentwicklung der Naturtrompete war es plötzlich möglich, die gesamte chromatische Tonleiter ohne größere Intonationsschwierigkeiten zu spielen! Das inspirierte auch den 25-jährigen Johann Nepomuk Hummel, der in bester klassischer Manier auf elegante Melodielinien und einen schwungvollen Gestus setzt.

Dezember 2024
Sonntag, 15. Dezember 2024 | 17:00 Uhr | NDR Konzerthaus, Großer Sendesaal
Lucienne Renaudin Vary

Orchestre de chambre de Paris

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Ludwig van Beethoven

Klavierkonzert Nr. 4

Beethoven der Dramatische? Der Wütende? Der Geniale? Es ist wohl vor allem eine Fähigkeit, die ihn zu einem der größten Komponisten macht: Die Kunst, immer wieder aufs Neue zu überraschen. Beethoven ist an Originalität kaum zu überbieten – sein viertes Klavierkonzert zum Beispiel verzaubert mit einem außergewöhnlichen Einstieg, den das Klavier ganz allein, ganz zart in den Raum stellen darf. Daraus entwickelt sich ein feinsinniger Dialog, in dem Orchester und Soloinstrument absolut auf Augenhöhe agieren. Eine virtuose Solistenshow sieht anders aus. Die Dramatik des zweiten Satzes ließ manche ein geheimes Programm vermuten: Diente hier der Orpheus-Mythos als Inspirationsquelle? Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch einfach nur eines der schönsten und originellsten Klavierkonzerte, das ein so kreativer Geist wie Beethoven sich einfallen lassen konnte.

Januar 2025
Montag, 13. Januar 2025 | 19:30 Uhr | HCC, Kuppelsaal
Academy of St Martin in the Fields

Tomo Keller | Jan Lisiecki

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Bedřich Smetana

Má vlast

Wieso denn Exot? Die sprudelnde, tanzende und festlich strömende Moldau kennt doch nun wirklich jeder! Wohl wahr – wie aber sieht es mit dem Rest von Bedřich Smetanas zwischen 1874 und 1879 entstandenem Má vlast (Mein Vaterland) aus? Denn die gesamte, beinahe eineinhalbstündige Tondichtung hört man hierzulande eher selten. Schade eigentlich, immerhin hat das Werk einiges zu bieten. Zum einen eine abwechslungsreiche Konzeption, die neben idyllischen Naturschilderungen auch prachtvolle Heldenlieder, blutige Schlachten und geheimnisvolle Zauberwesen umfasst – und damit die tschechische Nationalmusik (noch vor Dvořák) quasi im Alleingang begründete. Zum anderen eine komplexe, damals revolutionäre Form, die alle sechs Teile des Werks motivisch eng miteinander verknüpft. Diese glückliche Kombination aus „Herz und Intellekt“ (Semyon Bychkov) sorgt dafür, dass Má vlast schon beim ersten Hören direkt zum Publikum spricht – und gleichzeitig jedes weitere Mal wunderbare neue Facetten offenbart.

Mai 2025
Donnerstag, 15. Mai 2025 | 19:30 Uhr | HCC, Kuppelsaal
Tschechische Philharmonie

Semyon Bychkov

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Mieczysław Weinberg

Polnische Weisen

Wie nachhaltig das politische Klima die Rezeption und Anerkennung von Kunst beeinflussen kann, muss wohl nicht eigens betont werden. Auch in der Musik gibt es dafür mehr als genug Beispiele; zu ihnen gehört Mieczysław Weinberg. In Polen geboren, floh der erst 20-Jährige 1939 vor den Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung. Über Minsk verschlug es ihn zunächst nach Taschkent, dann nach Moskau. Dorthin holte ihn Dmitri Schostakowitsch, der den jüngeren Mann als ihm gleichrangigen Pianisten und Komponisten schätzte. Über 30 Jahre lang blieben sie eng befreundet. Und tatsächlich gibt es durchaus Gemeinsamkeiten in der Musiksprache beider Künstler: die Lust an musikalischen Überraschungseffekten beispielsweise, die auch in Weinbergs tänzerischen Polnischen Weisen immer wieder zum Schmunzeln und Staunen anregen. Mehr noch als sein berühmterer Kollege hatte Weinberg allerdings unter Stalins Terror-Regime zu leiden. Seine Werke verschwanden lange in der Versenkung und werden erst in den letzten Jahren – erfreulicherweise – wiederentdeckt.

Februar 2025
Freitag, 14. Februar 2025 | 19:30 Uhr | NDR Konzerthaus, Großer Sendesaal
Sheku Kanneh-Mason

Camerata Salzburg

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