Fünf Repertoireklassiker, die in der Saison 2023/24 in unseren PRO MUSICA-Konzerten zu Gehör kommen.
Symphonie fantastique
Hector Berlioz war im Liebesrausch. In einer Aufführung von Shakespeares Hamlet am 11. September 1827 hatte der 23-Jährige die Schauspielerin Harriet Smithson als Ophelia gesehen und stand nun lichterloh in Flammen. Zwar blieben die Briefe (ebenso wie die Gefühle) des jungen Mannes unerwidert, doch davon ließ er sich nicht bremsen.
Stattdessen setzte er sich hin und goss seine Leidenschaft in Musik. Das Resultat: ein Werk, das ebenso wild und unkonventionell daherkommt wie sein Schöpfer selbst und den Grundstein für Berlioz’ Ruhm legen sollte – die Symphonie fantastique. In fünf Sätzen schildert diese „Fantastische Sinfonie“ das Seelenleben eines verliebten Künstlers zwischen Freude und Sehnen, Schmerz und Rausch. Heute gilt sie als eines der wichtigsten Werke der musikalischen Romantik: ein farbsprühendes Orchestergemälde, zusammengehalten von einem Leitmotiv, der „idée fixe“, musikalische Chiffre für die Angebetete. Fünf Jahre nach der legendären Hamlet-Aufführung hörte Harriet Smithson übrigens die Symphonie fantastique, verliebte sich nun ihrerseits in den Komponisten und heiratete ihn. Und auch wenn die Ehe nicht lange glücklich war, verdankt die Welt dieser Romanze doch eines der bemerkenswertesten Werke der klassischen Musik.
Kazuki Yamada | Alice Sara Ott
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Sinfonie Nr. 1
Wohl kaum ein Werk ist in der Geschichte der Klassik so sehr herbeigesehnt worden wie die erste Sinfonie von Johannes Brahms. Doch ihre Vollendung
ließ auf sich warten: Der ohnehin selbstkritische Komponist fühlte sich gewaltig unter Druck bei seiner Annäherung an die Gattung – insbesondere seit sein Mentor Robert Schumann ihn 1853 im Alter von gerade einmal 20 Jahren zum legitimen Nachfolger des Sinfonie-Gottes Beethoven erklärt hatte.
Kein Wunder also, dass Brahms alle frühen sinfonischen Entwürfe heftig anzweifelte und nicht wenige davon kurzerhand verbrannte. Und obwohl er mit seinen Klavier-, Vokal- und Orchesterwerken bald zu einem der erfolgreichsten Komponisten seiner Zeit aufstieg, vergingen beinahe 20 Jahre von den ersten Skizzen bis zur Uraufführung seiner ersten Sinfonie im Jahr 1876. Das Ergebnis dieses langen Prozesses allerdings kann sich hören lassen! Hans von Bülow bezeichnete das Werk als „Beethovens zehnte Sinfonie“ – ein Ritterschlag für den frisch gebackenen Sinfoniker Brahms, der seinem eindrucksvollen Erstling noch drei weitere Gattungsbeiträge folgen ließ.
Alan Gilbert | Igor Levit
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Violinkonzert
Als Komponist des weltberühmten Adagio for Strings ist Samuel Barber bekannt. Aber als Komponist eines Violinkonzerts? Wohl weniger. Dabei stellt Barber besonders in diesem Werk sein sehr glückliches Händchen für eingängige und emotional unmittelbar ansprechende Musik unter Beweis. Besonders die ersten beiden Sätze bieten der Solovioline viel Raum für schwelgerische Melodien und intensive Dialoge mit Klarinette, Oboe, Flöte, Horn und Klavier. Der letzte Satz allerdings ist technisch derart anspruchsvoll, dass der Geiger, für den das Konzert geschrieben wurde, ihn als „unspielbar“ einstufte – und die Uraufführung ablehnte. Barber wiederum verzichtete lieber auf die Hälfte des Honorars, als das Werk noch einmal anzupassen.
Dass sein Violinkonzert heute zu den beliebtesten Werken der Gattung zählt, gibt seiner damaligen Entscheidung recht. Und dass es zwar hochvirtuos, aber eben nicht „unspielbar“ ist, davon können Sie sich bei uns mit eigenen Ohren überzeugen.
Sir Antonio Pappano | Janine Jansen
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Klavierkonzert
Erstaunlich eigentlich, dass Robert Schumann nur ein einziges Klavierkonzert geschrieben hat. Immerhin war er Ehemann einer begnadeten Pianistin – und hatte selbst ursprünglich eine Karriere als Konzertpianist angestrebt.
Mit der Komposition seines Klavierkonzerts tat Schumann sich dennoch schwer; etwa fünf Jahre dauerte es vom ersten Einfall bis zum fertigen Werk. Doch die Arbeit hat sich gelohnt: Die Uraufführung des Konzerts mit Clara Schumann als Solistin war ein durchschlagender Erfolg; bis heute gehört es zu den Kernwerken der romantischen Klavierliteratur. Und auch sein Inhalt ist ein ganz und gar romantischer – in großer formaler Freiheit, die sich nicht um verstaubte Regeln schert, sagte Schumann hier dem musikalischen
(und gesellschaftlichen) Spießertum schwungvoll den Kampf an: Dass er sich entschied, hauptberuflich lieber Komponist statt Pianist zu werden, dankt ihm die musikliebende Nachwelt zweifellos bis heute.
Camerata Salzburg | Giovanni Guzzo
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Weihnachtsoratorium
„Jauchzet, frohlocket!“ Der markante Beginn von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium versetzt hierzulande die meisten Menschen augenblicklich in festliche Stimmung. Immerhin steht das sechsteilige Werk, uraufgeführt um den Jahreswechsel 1734/35, wie kaum ein anderes für den freudig-feierlichen Geist des „Fests der Liebe“.
Vor allem die ersten drei Kantaten, die sich um die Geburt und Anbetung Christi drehen, sind aus dem weihnachtlichen Musikrepertoire schier nicht mehr wegzudenken. Dabei entstand etwa ein Drittel der Musik ursprünglich gar nicht für diesen Anlass, vielmehr recycelte Bach Teile bereits vorhandener Werke. Der oben zitierte Eingangschor des Weihnachtsoratoriums beispielsweise eröffnete (mit anderem Text) ursprünglich eine Geburtstagskantate für die polnische Königin Maria Josepha. Offenbar fand Bach, das Stück sei zu schade, um es nur dieses eine Mal zur Aufführung zu bringen – eine Einschätzung, die wir voll und ganz teilen.
Bach: Weihnachtsoratorium
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